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ZUM FINALE 1:




                                            BILDER SIND





                                            ZWEITRANGIG










                                            Es kommt nicht auf’s Bild vom an-    Wie kommen diese Fragen immer
                                            deren an, egal wie unscharf es ist,   selbstverständlicher in mein Herz?
                                            sondern „Du darfst ein Geheimnis
                                            bleiben“, mit dem ich „daheim“       Zunächst können Ängste vor dem
                                            bin, in einer „Antwortbeziehung“,    anderen mich blockieren. Siehe
                                            ein neuer Begriff des Soziologen     dazu  ge|halt|voll  1 zum Thema
                                            Hartmut Rosa.                        Urvertrauen.


                                            Emil Brunner, ein Schweizer Theo-    Bin ich dennoch bereit, Bilder zu-
                                            loge, drückt das in seiner Dogmatik   rückzustellen ,
                                            (1960) so aus: Das Geheimnis zeige   gelingt es mir, meine Angst vor de-
                                            Zipfel, an denen man ziehen kann,    manderen zu „beruhigen“, dann
                                            gespannt,  was  sich  dann  zeigen   suche ich mir für diese bestimmte
                                            wird. Das Nichts zeige höchstens     Person eine der Fragen von oben
                                            Grenzen, wo es nicht mehr weiter-    aus und mache mich damit auf ei-
                                            geht.                                nen Antwortweg. Einmal, zweimal,
                                            Ich will so einer sein, der nicht auf-  öfters, jahrelang, je nachdem, wer
                                            hört, am Geheimnis – das der ande-   der andere ist. (Die Fragen dürfen
                                            re in Gottes Augen ist - zu „ziehen“   dabei natürlich wechseln.)
                                            – nicht zu zerren - und mir dafür die
                                            folgenden Fragen zu eigen machen:    Ein Prozess mit Überraschungen.


                                               Was weckt mein Interesse?
                                               Wie viel und wo bin ich mit dem
                                                 anderen zusammen, ist die ge-
                                                 meinsame Zeit förderlich?      Antwort:
                                               Wo kann ich dem anderen etwas    Kommt mir der andere entgegen,
                                                 geben, schenken?               antwortet er mir mit „eigener Stim-
                                               Wo kann ich den anderen unter-   me“?
                                                stützen, fördern, ihm helfen?
                                               Was trennt uns, sollte das über-
                                                wunden oder respektiert werden?
                                               Was kann ich vom anderen lernen?
                                               Wo komme ich dem anderen zu
                                               nahe?


                                                                                                                     49
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